Clemens Schmid: „Ich glaube, dass SimRacing ein stark boomender Markt werden wird!“

ASR-Pilot Clemens Schmid zieht im Kurz-Interview Bilanz zwischen Realität und Simracing und plaudert über Langstreckenträume

Als zweifacher „Porsche GT3 Cup Challenge Middle East“-Meister mit Lechner Racing spricht Austrian-Simracers-Fahrer Clemens Schmid mit SimRacer-Report-Chefredakteur Alessandro Righi über seine Erfahrungen im realen und in der virtuellen Rennwelt und zieht Bilanz. Außerdem unterhalten sich die beiden über Schmids Werdegang in die Simracing-Szene und über Langstreckenträume im Punkto Daytona und Le Mans.

Das Interview

Frage: Hallo Clemens, danke, dass Du dir die Zeit genommen hast.

Schmid: Immer gerne.

Frage: Du bist als GT3- und Porsche-Cup-Pilot bekannt und warst sogar zwei Mal Meister der „Porsche GT3 Cup Challenge Middle East.“ Stellt sich die Frage: Welcher Fahrzeugtyp macht Dir mehr Spaß?

Schmid: Grundsätzlich macht mit die GT3 mehr Spaß, weil einem mehr Downforce zur Verfügung steht. Allerdings waren die Rennen im Porsche Cup um einiges spannender, da man das Cockpit alleine besetzt und in den halbstündigen Rennen so schnell wie möglich sein muss.

Frage: Vom Realen in die Simulation: Wenn Du in der virtuellen Motorsportwelt fährst, was fährst Du am liebsten und warum?

Schmid: Ich fahre iRacing, einfach weil es mit den Jungs von ASR unheimlichen Spaß macht. Und zweitens ist es meiner Meinung nach die realitätsgetreuste Simulation.

Frage: Bleiben wir doch gleich da: Wie kamst Du zum „Simracing“ und mit welcher Simulation hast Du angefangen? Und wie bist Du zu den Austrian Simracers gestoßen?

Schmid: Zum Simracing bin ich aufgrund des ersten Lockdowns gekommen. Ich habe vorher auf der Playstation Project Cars 2 als Zeitvertreib gespielt. Ursprünglich war ich in einem anderen Team, bin aber über Facebook durch einen Teamkollegen auf ASR gestoßen. Er ist zu dem Team gewechselt und fragte mich, ob ich mitziehen möchte. Durch ein Testtraining bei ASR hat es sich dann ergeben.

Frage: Als virtueller Pilot bei den Austrian Simracers und zuletzt als realer Fahrer beim Grasser Racing Team: Kannst Du in Sachen Vorbereitung, Setup-Findung und dem Fahren selbst parallelen ziehen oder sind das für Dich zwei völlig unterschiedliche paar Schuhe?

Schmid: Tatsächlich kann man in Sachen Vorbereitung parallelen ziehen, vor allem in der Datenanalyse. Zum Beispiel kann man die Bremsweise der Simulation ins Reale (fast) übernehmen. Beim Setup ist es etwas schwierig, weil sich die Simulation von der Realität oftmals unterscheidet. Nur weil das Setup in der Simulation schnell ist, heißt es nicht, dass es im Realen auch so ist. Gleiches gilt umgekehrt genauso.

Frage: Verknüpfen wir das doch mit deinem Lebenslauf. Wo unterscheiden sich in der Sim speziell die GT3- und Porsche-Cup-Fahrzeuge von der Realität?

Schmid: Die GT3 sind im Punkto Downforce ein wenig zu schwach in der Simulation, man muss um einiges eckiger als in der Realität fahren. Den Porsche Cup hat iRacing sehr realitätsnah in die Simulation integriert. Der geringe Abtrieb, den der Porsche Cup in der Realität hat, kommt sehr gut in der Simulation rüber.

Frage: Lass uns noch ein Mal auf die Austrian Simracers zurückgehen. Du wurdest bei den virtuellen 24 Stunden von Daytona Fünfter mit dem LMP2-Team. Ist es etwas, was Du auch in der Realität gerne erleben würdest – sowohl der Start in Daytona als auch das Fahren in einem LMP2?

Schmid: Nicht nur Daytona, sondern auch Le Mans. Das sind zwei der Langstreckenrennen, die man als Fahrer unbedingt gerne einmal fahren möchte. Natürlich wäre die LMP2 ein großes Highlight, gleichzeitig aber auch Le Mans mit den LMDh-Boliden.

Frage: Lass uns über die Zukunft reden. Wie siehst Du im Allgemeinen die Zukunft des Simracings?

Schmid: Ich glaube, dass Simracing ein stark boomender Markt werden wird, vor allem für die Zukunft. Umso realer es wird, umso mehr wird es auch für Trainingszwecke eingesetzt werden. Das Testen im realen Auto wird es nicht ersetzen können, aber ich vermute, dass die Simulation immer näher an die Realität und ein immer größer werdender Trainingsfaktor werden wird.

Frage: Die „NASCAR Whelen Euro Series“ und die „Fanatec GT World Challenge Europe powered by AWS“ setzen auf für 2021 auf ein System, bei dem die in der virtuellen Welt eingefahrenen Meisterschaftspunkte in die reale übernommen werden. Siehst Du das positiv oder negativ?

Schmid: Ich sehe es positiv und negativ. Positiv weil es einen viel größeren Markt erschließt (Zuschauer, Sponsoren, TV) und es für die Fahrer eine gewisse Unterhaltung und ein gewisser Wettbewerb ist. Negativ dadurch, dass die erfahrenen Punkte in die reale Meisterschaft einbezogen werden. Ich glaube, dass die reale Meisterschaft etwas verzehrt, weil nicht jeder die gleichen Voraussetzungen am Computer hat. Nicht jeder hat einen Simulator zu Hause stehen.

Frage: Denkst Du war das eine Frage der Zeit, bis solch ein System implementiert wird? Kannst Du dir das auch in anderen Serien vorstellen?

Schmid: Ich glaube, dass es eine Frage der Zeit war, bis Zuschauer-Wettbewerbe an der Strecke stattfinden werden. Dass es irgendwann bis zum Einbezug in die Meisterschaft kommt, habe ich mir nur schwer vorstellen können. Sollte das ein Erfolg werden, kann ich es mir auch in der Formel 1 vorstellen, um das Interesse der jüngeren Generation zu stärken.

Frage: Welche Meinung als realer Rennfahrer hast Du, wenn ein Simracer, wie in jüngster Vergangenheit James Baldwin in der British GT, plötzlich im realen Motorsport ein Rennen gewinnt? Denkst Du, dass das eine positive Entwicklung für den Sim-Sport ist?

Schmid: Grundsätzlich schon, muss aber gestehen, dass ich Baldwins Sieg nicht verfolgt habe. Es ist immer ein zweischneidiges Schwert. Es gibt positive und negative Beispiele, Stichwort Reset-Knopf. Ich glaube, dass es die Sim-Jungs zu mehr Unfällen verleitet als die Jungs, die es aus dem Go-Kart gelernt haben. Aber umso näher die Simulation an die Realität kommt, umso besser lassen sich gewisse Risiken abschätzen.

Frage: Glaubst Du, dass weitere Simracer den permanenten Sprung in die reale Motorsportwelt schaffen könnten?

Schmid: Schwierig. Es könnte sein, aber ich glaube, dass nur die obersten 5 bis 10% der Simracing-Szene schaffen werden.

Frage: Kommen wir langsam zum Abschluss und widmen uns der Technik: Wie ist Dein Simrig aufgebaut? Auf welches Equipment setzt Du?

Schmid: Meine Wheelbase ist das Simucube 2 Sport, bei den Pedalen vertrau ich auf die Heusinkveld Ultimates. Als Lenkrad nutz ich das Fi-Tech in der Audi R8 LMS Version und das Rig hört auf den Namen Simlab P1x.

Frage: Eine letzte Frage, dann ist das Interview auch schon rum. Was kannst Du für Sim-Einsteiger empfehlen? Mit welcher Preisspanne muss ein „Rookie“ rechnen?

Schmid: Das ist generell schwierig, weil wir ähnliche Fälle bei ASR haben. Ich glaube aber, dass man definitiv mit einem geringen Budget anfangen sollte. Erst wenn man (mehr) Gefallen am Simracing hat, sollte man beginnen zu investieren.

Redaktion: Ich bedanke mich herzlich für das Interview.

Mit Bildmaterial von Clemens Schmid (Presse-Bild)

28 Januar 2021, Alessandro Righi
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